Descentforum.DE

[VEX-Fighter]

Da es sich bei mir um ein delikates Arbeitsangebot in Bagdad handelt, möchte ich doch mal so eure Meinungen hören.

Bin derzeit (noch) in einer Art Selbstständigkeit und kurz davor mich dem Arbeitslosenmarkt anzuschliessen. Ich bin heute single, habe eine erwachsene Tochter und hab wie wohl alle Schulden.(darum geht es aber nicht )

Ich habe das Angebot als Fachkraft für Arbeitssicherheit in Bagdad für die Dauer von 1 Jahr tätig zu werden. Mein Job wäre in einer gehobenen Stellung, in der ich lediglich Arbeitstechnische Überwachungen
der Mitarbeiter und der Einsatzstellen durchführen würde. Eigentlich ein Traumjob, der hier in Deutschland in der Form nicht angeboten wird.

Das Gehalt ist sehr gut und eine Lebensversicherung wird ebenfalls bezahlt.
Nach Ablauf dieses Jahres, hätte ich in jedem Fall genügend Startkapital für eine neue Geschäftsidee.
Mein Lebensstandard wäre anschliessend ideal.


Klar verfolge ich täglich mehrmals die Vorkommnisse in Bagdad.Und das nicht nur mit der tagesschau.
Natürlich sehe ich da eine große Gefahr für mein Leben durch Bombenanschläge oder Entführungen.
Viel mehr Sorgen macht mir persönlich, dieses psychisch zu verkraften.

Jetzt bin ich doch mal gespannt, wie Ihr mit diesem Thema umgehen würdet.

[Do_Checkor]

[honk1978]

Wenn die Situation im Irak nicht so prekär wäre, wie sie ja im Moment leider ist, hätte ich sofort gesagt: Alles klar, hin da!

Aber so...

Du bist dir im Klaren darüber, daß du evtl. viel Leid sehen wirst und wenn du Pech hast, kann es sein, daß auch dir irgendwas passiert... Das kann passieren, muss es aber nicht. Privat sowie auch beruflich ist das eine echte Chance und ich denke, insgesamt hast du ohnehin schon entschieden, dort zu arbeiten.

Andererseits:

Viele Teile des Irak sind inzwischen ja als "sicher" einzustufen und ich denke auch nicht, dass du dort irgendwas zu befürchten hättest. Die Nachrichten sagen ja auch, daß es immer nur in bestimmten Bereichen vom Irak zu Konflikten kommt.. Als Zivilperson bist du für die Amerikaner und auch für die Irakis relativ uninteressant.

[exi]

Ich befinde mich in ähnlicher Situation. Nur ohne Schulden und ohne solch ein Jobangebot.

Durch meine, von der Grundtendenz positiven, Einstellung würde ich erstmal sagen: Hin da und angucken. 'Nen Rückzieher machen kannst Du immer noch. Du bist doch in der Probezeit.

Berichte der Medien können einen eigenen Eindruck nicht ersetzen. Ich habe gerade von zwei Berlinern gelesen, die da 'ne Radiostation aufbauen. Die hatten nur von Scherereien bei Überlandfahrten ausserhalb der Stadt berichtet. Wirklich gefährdet scheinen dort die Journalisten zu sein, da sich die Irakis von Ihnen nicht verstanden fühlen. Und sie haben schnell spitz bekommen, dass man mit ihnen (Löse-)Geld machen kann.
Sicher kommt es auch sehr darauf an, auf welcher Seite man steht. Zuerst zählt die Nationalität. Als Deutscher bist Du schonmal ein Neutraler. Zum Zweiten zählt, in welcher Funkton Dein Auftraggeber dort unterwegs ist. Diesen Faktor kenne ich nun nicht. Könnte aber von Vorteil sein, wenn dieser dort etwas FÜR die Irakis tut. So wie die Berliner mit ihrer Radiostation...

[Munk]

Sowas ist natürlich immer ein gewaltiger Schritt. Da hier aber wohl kaum jemand derartige Erfahrungen machen durfte, bist Du letztendlich auf deine eigene Stimme angewiesen.

Die Frage ist z.B., wie gut Du mit der recht großen Entfernung zurechtkommst, auch aus organisatorischer Sicht. Sprich, ob dein Englisch dort ausreichend ist, wo Du wohnen wirst etc. Aber diese Fragen stellen sich ja bei jedem längeren Auslandsaufenthalts.

Dazu kommt natürlich die Angst vorm Krisengebiet. Sollte Bush die Wahl verlieren, will Kerry die US-Truppen ja abziehen. Das sollte die Situation dort schon stabilisieren.

Wenn ich vor der Wahl stehen würde, würde ich schaun ob mir der angebotene Job auch gefallen würde und mich da nicht prostituieren lassen. Was ich gut finde ist, daß Du schon etwas in Planung hast, wenn Du zurückkommst, und wie hart Du für diesen Traum arbeiten würdest.

[VEX-Fighter]

[Do_Checkor]

Nicht zu vergessen: 1 Jahr is auch ne ganze Zeit irgndwie...

vorhandene Freunde, neue Frauen wären für mich allein ein Grund es sein zu lassen.

Wäre es die USA - wäre es was anderes, aber...

[VEX-Fighter]

@Munk. Die Entfernungen machen mir überhaupt keine Probleme.Ich war schon in Pakistan für 6 Monate und in der Türkei(am Arsch der Welt) auch für 6 Monate.dazu kommen noch diverse Europaaufenthalte.

Mein Englisch allerdings hat nur mühsam gereicht. Da muss ich besonders in schriftlicher Form noch einiges dazulernen. Und zwar vorher, nicht erst wenn ich da bin.

@Checkor
ERin Jahr "kann" sogar sehr lang sein. Aber jetzt mit fast 42 Jahren, weiss ich wie schnell die Zeit verfliegt.
Auch habe ich vor 10 Jahren, wegen meiner frau ein wahnsinns Brasilienjob abgesagt. Dem trauer ich heute noch hinterher. Jetzt ist der Irak natürlich nicht mit Brasilien zu vergleichen.

@Honky1978
Meine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Ich wäge noch ab und mein größter Hinderungsgrund wäre meine Tochter.

@All
Ich freue mich sehr über eure Meinungen.

[honk1978]

Das mit deiner Tochter ist natürlich das heftigste, wenn dir tatsächlich was passieren sollte (wovon ich aber eigentlich nicht ausgehe, da ihr ja was FÜR den Irak macht...)

Ansonsten ist natürlich die Sache, in wie weit du gegen den Anblick von evtl. Elend abgehärtet bist...

[Ben]

Der schwierigste Pkt. dürfte Ira sein. Das wird sicher hart, sie 1 Jahr nicht sehen zu können, aber es gibt ja auch noch Telefon und Internet.

Du solltest sowieso klären ob die da 'ne vernünftige Anbindung und 'nen PC für Dich haben, /was allerdings bei den Amis schon drin sein dürfte/

Mal abgesehn davon, dass es scheisseweit ist Donnerstags zum Männerabend zu kommen, würdest Du mir auch fehlen.

In solchen Situationen neige ich immer dazu das Schicksal entscheiden zu lassen. d.h.:
Kriegst du den Job, nimm ihn. Es wird das Richtige sein
Kriegst du ihn nicht war es eben besser so...

Ben

[Atan]

Das Problem sind doch eher die Wahrscheinlichkeiten denke ich.
Man muss ein wenig vergleichen,
auch wenn ein Krisengebiet wohl nicht unbedingt für einen Vergleich geeignet ist.

Gefahr:
Gibt es hier auch, Unfälle jeder Art sind täglich denkbar.

Belastung:
Gibt es hier auch, jederzeit kann es passieren das man etwas Schreckliches sehen könnte.

Was sehen wir denn vom Irak täglich?
Doch wohl nur das was die Medien uns zeigen, und die Normalität kann man schlecht verkaufen,
also gibt es immer nur Terror zu sehen.
Trotzdem ist wohl die Wahrscheinlichkeit im Irak zur Zeit einfach grösser das Dir was passieren 'könnte'.

Welche Alternativen gibt es aber für Dich denn hier überhaupt ?
So wie es aussieht, wird sogar hier im engsten Kreise, einer nach dem anderen inzwischen arbeitslos.
Evtl. kann sich das jemand leisten, evtl. aber auch nicht.

Das alles gilt es abzuwägen,
aber ist es nicht so, dass jeder sich selbst am Besten kennt?
Die inneren Nöte, Sorgen, Schwächen und Stärken.....
Ich denke mal, das Du deine Entscheidung im Innersten schon getroffen hast,
höre auf das was Dir deine innere Stimme zuflüstert und entscheide danach.

Wie Du Dich auch entscheidest, ich wünsch Dir alles Gute für die Zukunft!

[Maulwurf]

schau doch mal ob du einen erwischst der schon mal da unten war. bundeswehr, etc.


der bruder meiner freundin war 3 monate in afghanistan beim bund als koch. psychisch ist so ein einsatz eine große belastung. ich hatte auch die chance eindrücke 3er junger amis aus afghanistan zu sammeln. die eindrücke die das fernsehen trotz der, für uns, krassen live berichte rüberbringt steht in keinem verhältnis zu dem wie es dort wirklich ist.
der bruder ist nach den 3 monaten in ein richtiges loch gefallen. allerdings gehts ihm inzwischen wieder gut und er würde wieder hin - wegen dem geld.
gefährlich ist es auf jeden fall, einmal entging er einer landmine nur, weil er nicht mit gefahren ist.

was die ammis angeht, das waren 3 junge soldaten auf urlaub in den bergen. (marshall center)
du kannst dir nicht vorstellen wie die von dieser (unserer) welt fasziniert waren. als sie wieder runter mussten, kann sich jeder denken was los war.
es ist zwar ein meilenweiter unterschied zwischen soldat und arbeitsschutzbeauftragem, aber die verhältnisse sind die gleichen.

du solltest auf jeden fall versuchen jemanden zu finden der dort schon gearbeitet hat.

ps: kannst du zahlen zum gehalt rauslassen?

[exi]

[VEX-Fighter]

[Nogly]

Hi Fighter,

in so einer ähnlichen Situation bin ich auch, habe mich auch schon für Projekte als Bauleiter im Ausland beworben (Honkong, New York, L. A. und Projekte in Neuseeland) da wir ja bis auf ein paar Tage gleicher Jahrgang sind würde ich dir raten "Mach weg hier" in meiner Branche ähnlich deiner gibts keine Zukunft in vereinigt Germany.(Hab zwar Familie aber die ziehen mit am Strang) es ist eben heute so!
Der Markt ist zu. Auf dem Weg zur LAN und während haben wir genug Gesprächsstoff.(wird Interressant )

[VEX-Fighter]

Das es auf der Lan nicht langweilig wird ist ganz sicher. Freue mich unheimlich drauf. es werden auf jeden Fall eine Menge interressanter Leute da sein. Auch wenn ich, bis auf Ben noch keinen kenne, kann man hier doch zwischen den Zeilen, sehr objektive Menschen erkennen.

[spinne]

Hi Vex:

ich befinde mich auch kurz vor der Arbeitslosigkeit!

Würde es allerdings meiner Freundin zuliebe nicht machen, auch wenn Sie keine Probleme damit hätte!

Jedoch ist für mich der finanzielle Part ein sehr wichtiger Entscheidungsgrund; Wenn du meinst es würde sich rechnen und deine Familie hinter dir steht würde ich an deiner Stelle das Angebot annehmen.

Wie exi schon sagte, in Deutschland ist nix mehr zu holen, für mich auch nur noch eine Frage der Zeit bis ich auswandern werde...


Wünsch dir auf jeden Fall die RICHTIGE Entscheidung und bin mir sicher dass du diese auch treffen wirst

[exi]

Und nun unterbrechen wir kurz für Werbung...

[Vengeance]

Mein Onkel arbeitet beim Bundesgrenzschutz. Seit Mitte August ist er für ein Jahr runter nach Nigera gefahren, fern der Heimat. Der einzige Kontakt, den wir zu ihm haben, ist per Mail. Das Berufsrisiko ist meines Wissen nach das Gleiche, wie im Irak, weil auch dort immer wieder Unruhen sind und jeden Tag Menschen sterben. Ist da nicht sogar Bürgerkrieg?
Was du daraus machst, ist dir überlassen. In der heutigen Arbeitswelt muss man aber flexibel sein. Es ist leider nicht mehr so wie früher, dass man nur seinen Traumberuf hat. Mobilität und Flexibilität sind heute ein absolutes Muss.

Aber weißt du, was genauso schlimm ist? Wenn du mit deinen Freunden nicht die Minen unsicher machen kannst.

[VEX-Fighter]

So Leute, meine Entscheidung ist gefallen. Werde diese in ein paar Stunden offiziell bekannt geben.
Wie es manchmal so ist im Leben, hat sich in meiner schwierigen Situation wieder völlig neue Perseptiven ergeben.

Ich werde nicht in den Irak reisen.
Habe derzeit zwei Angebote und beginne wahrscheinlich mit weniger riskanten Auslandsjobs. Beginne im Dezember mit Finnland. Dann steht noch die Schweiz, Portugal, und Brasilien an. Allerdings immer nur kurzeinsätze, aber so bleibe ich Euch erhalten.

Danke nochmal an alle für Eure Statements.
Ganz besonderen Dank an den, mit dem ich private Korrospondenz über dieses Thema geführt habe.